Kann die Misshandlung von Tieren mit dem Holocaust verglichen werden?

Nicht in Deutschland – so entschied es ein deutsches Gericht. Das Urteil wurde nun vom europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt.

Im Jahr 2004 organisierte die Tierschutzorganisation PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) eine Plakatkampagne mit dem Titel „Der Holokaust auf Ihrem Teller.” Die Plakate, die zuvor in anderen Ländern veröffentlicht worden waren, zeigten Bilder von Tieren in Massenhaltung neben Aufnahmen von Gefangenen in Konzentrationslagern im Zweiten Weltkrieg. Die Überschrift lautete: „Wenn es um Tiere geht, wird jeder zum Nazi.” (Klicke hier, um Fotos englischer Plakate zu sehen.)

Der Präsident sowie zwei Vizepräsidenten des deutschen Zentralrats der Juden (die entweder selbst Gefangene in Konzentrationslagern gewesen waren oder auf diesem Weg Familienmitglieder verloren hatten), beantragten eine gerichtliche Verfügung, die die Verbreitung der Plakate in der Öffentlichkeit und im Internet untersagen sollte. Die Kläger argumentierten, dass die Kampagne ihre Rechte auf die Würde des Menschen sowie die Persönlichkeitsrechte eines der Kläger, dessen Familie im Holocaust umgekommen war, verletzte. Die Kläger stellten in Frage, ob Aufnahmen von Opfern in Konzentrationslagern für Tierschutzkampagnen benutzt werden dürften, um damit Parallelen zwischen Konzentrationslagern und Massentierhaltung aufzuzeigen.

Das deutsche Gericht stellte die Verfügung aus und untersagte PETA die Veröffentlichung der Plakatkampagne. Das Gericht erkannte an, dass es nicht Ziel der Kampagne gewesen sei, Holocaustopfer zu erniedrigen, sondern auf die Verhältnisse von Tierhaltung in der Massenproduktion aufmerksam zu machen. Die Tatsache, dass Aufnahmen von Konzentrationslagern denen von Tierhaltung gegenübergestellt wurden, führe jedoch zu einer „Bagatellisierung und Banalisierung des Schicksals der Holocaustopfer.” Dies, so argumentierten die deutschen Richter, verletze die Würde des Menschen und den Wert der Würde des Menschen, welche durch das deutsche Grundrecht geschützt sind.

In einem Urteil vom 8 November 2012 bestimmte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass das deutsche Urteil die durch Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Meinungsfreiheit der Organisation PETA verletzt hatte, dass dies jedoch im Rahmen deutscher Rechtsprechung gerechtfertigt gewesen sei, da die Plakatkampagne die Persönlichkeitsrechte einer der Kläger verletzte.

In der Begutachtung ob dieser Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft notwendig gewesen sei, erklärten die Richter in Straßburg, dass Deutschlands Vergangenheit eine besondere Rolle zuzuweisen sei:

„die Einzelheiten dieses Falls können nicht vom historischen und kulturellen Kontext losgelöst werden, in dem Meinungsfreiheit ausgeübt wird (…) die Bezugnahme auf den Holocaust muss im Kontext der deutschen Vergangenheit betrachtet werden (…) [das Gericht] respektiert die Stellung der deutschen Regierung, die in einer besonderen Verpflichtung zu den in Deutschland lebenden Juden steht. Unter diesem Gesichtspunkt hält das Gericht die Begründung der deutschen Richter für rechtsmäßig und ausreichend um eine gerichtliche Verfügung gegen die Veröffentlichung der Plakate auszustellen. Das Urteil wird nicht durch die Tatsache in Frage gestellt, dass andere Gerichtshöfe mit anderen rechtlichen Rahmenbedingungen den Tatbestand auf eine andere Weise einschätzen würden (…). Das Gericht stellt zudem fest, dass der Kläger nicht aufzeigen konnte, dass ihm keine anderen Mittel zur Verfügung standen, um auf das Thema des Tierschutzes aufmerksam zu machen.“

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes fiel einstimmig aus. Alle beteiligten Richter befanden, dass die Einschränkung des Rechts PETAs auf Meinungsfreiheit unter Artikel 10 in diesem Fall gerechtfertigt gewesen sei. PETA verkündete, dass es Berufung gegen das Urteil einlegen wolle.

– Michele Finck 

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Kommentare (3)

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  1. I do believe this is a very complex issue and a bit of a ‚how long is a piece of string‘ and very invidious dichotomy. I believe that PETA made a grave error in the way their campaign involved a very sensitive part of history. I have been a human rights, ethics campaigner and general ‚do gooder‘ for a few years now and have often received email from PETA. I am a strong supporter of animal rights; but I believe we must make every endeavour to be perceived as balanced and sensible. The fact that a significant number of animal rights activists have in the past been associated with criminal acts; has made authorities dubious of all who raise the issue. We live in a imperfect world, and all the creatures in it, eat each other excreta; that’s the way things are. However we can and must ‚do our bit‘ to try to make the world as humane and ethical as possible. I do believe we need to look holistically at all these issues, all the ‚push pull‘ factors that drive things along. The horse meat scandal has come along; but no doubt there are many varied animal rights scandals hidden behind closed doors. From what little I have seen animal research has become very secret and high security over the years.

    Perhaps I have digressed a little from the narrative of this issue; coming back to the question of can the treatment of animals be compared to Nazi Concentration Camps? Well, yes in some cases; but the big question is the future? Albeit; I know little of economics and so forth, the cards seem stacked against animals and humans alike. Food prices are rising, and farm land appears to be drifting into the control of bankers and big corporations. Fuel prices are rising also and we still largely depend upon capital energy. It certainly seems, that the poorer the country the lower the standards of animal welfare. What roads will science take us down in the future; will it be mostly for good or bad.

  2. Whether animals have the equal rights as human is need profound discuss.
    But I think as a kind of so-called senior biotechnology, we should consider more about the dignity of animals. To slaughter them in a suitable and humane way and improve their living conditions as much as possible.
    It will become a important step to a better heathful ecological circle.

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