Singh gegen die Vereinigung Britischer Chiropraktiker

Wegen eines 2008 im britischen Guardian erschienen Leitartikels hat die Vereinigung Britischer Chiropraktiker (BCA) erfolglos gegen den wissenschaftlichen Autor Simon Singh prozessiert. In dem Artikel hatte Singh nahegelegt, Chiropraktikern fehlten die Beweise für ihre Behauptungen über die Behandlung von Kinderkrankheiten wie Kolik und Asthma. Maryam Omidi untersucht den Fall.

Der Fall

Wegen eines 2008 im britischen Guardian erschienen Leitartikels hat die Vereinigung Britischer Chiropraktiker (BCA) erfolglos gegen den wissenschaftlichen Autor Simon Singh prozessiert. In dem Artikel hatte Singh nahegelegt, Chiropraktikern fehlten die Beweise für ihre Behauptungen über die Behandlung von Kinderkrankheiten wie Kolik und Asthma. Die BCA prozessierte, obwohl der Guardian ihr eine Entschuldigung, eine Klarstellung und eine Gegendarstellung angeboten hatte.

In einer vorläufigen Anhörung entschied Richter Eady, dass Singh in dem Satz “[die BCA] wirbt fröhlich für Schwindel-Behandlungen“ der Vereinigung „grundsätzlich  unehrbares Verhalten“ vorwerfe. Weiter argumentierte der Richter, Singh könne sich nicht auf „sachliche Kritik“ berufen, da er Fakten anstelle seiner eigenen Meinung darlege. Singh blieb bei seiner Verteidigung, dass er der Vereinigung nicht die absichtliche Förderung betrügerischer Behandlungsmethoden vorwerfe. Ihre Hypothesen entbehrten lediglich der Beweise.

In einer abschließenden Entscheidung verwarfen drei Berufungsrichter das ursprüngliche Urteil, mit der Begründung, bei dem Artikel handle es sich um gesetzlich zulässige “sachliche Kritik”. Laut ihnen hat „dieser Rechtsstreit mit ziemlicher Sicherheit eine lähmende Wirkung auf eine öffentliche Debatte gehabt, die sonst potentiellen Patienten dabei hätte helfen können, sachkundige Entscheidungen über die Behandlung mit Chiropraktik zu treffen.“

Meinung des Autors

Die Berufungsrichter haben richtig entschieden. Singhs Artikel, der klar als Leitartikel im Guardian veröffentlicht worden war, stellte eine Meinungsäußerung und keine Tatsachenbehauptung dar. Unglücklicherweise für Singh begünstigt Englands Verleumdungsgesetz den Kläger. Das Gesetz wird gerade überholt, um genau solchen Problemen zu begegnen. Wäre der neue Entwurf schon Gesetz, hätte Singh sich auf die „ehrliche Meinung“ berufen können – eine ehrliche Meinungsäußerung über eine Angelegenheit des öffentlichen Interesses.

Im Allgemeinen sollten Gesetzgebungen gegen Verleumdung nicht dazu dienen, echte Kritik oder die wissenschaftliche Diskussion zum Verstummen zu bringen. In diesem Fall hatte der Guardian der BCA angeboten, auf Singhs Artikel zu antworten. Hätte die Vereinigung im Zuge dessen Beweise gebracht, die Singh widerlegt hätten, hätten sich beide Parteien einen teuren, zwei Jahre dauernden Rechtsstreit erspart.

- Maryam Omidi

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Das Projekt „Debatte zur Meinungsfreiheit“ ist ein Forschungsprojekt des Dahrendorf Programme for the Study of Freedom am St Antony's College an der Universität von Oxford.

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