Han Han, der chinesische Blogger

Judith Bruhn berichtet von dem chinesischen Blogger Han Han, dessen Blog als Plattform für Bürgerjournalisten dient.

Der Fall

Im Januar 2011 veröffentlichte der chinesische Blogger Han Han einen Eintrag mit dem Titel Die Wahrheit, oder soviel Wahrheit wie Sie brauchen können, in seinem Blog. Er beschrieb den mysteriösen Tod Qian Yunhuis, eines Dorfbeamten und Aktivisten, der gegen Grundstücksenteignungen protestiert hatte. In den staatlichen Medien wurde berichtet, der Tod sei ein Unfall gewesen, doch viele Menschen vermuteten, dass örtliche Beamte dabei halfen, einen Mord zu vertuschen. In seinem Blog übt Han Han offen Kritik am Verhalten der örtlichen Behörden in diesem Fall und generell an ihrem Umgang mit Aktivisten und Bürgern. Er deutet darauf hin, dass das Missverhalten staatlicher Behörden das Vertrauen chinesischer Bürger untergräbt und den Verdacht nährt, dass offizielle Stellen auf kriminelle Art und Weise zum Tod Qings beitrugen. Han Han nimmt den Fall außerdem zum Anlass, über die Ungerechtigkeit der Grundstuecksenteignungen in ländlichen Regionen Chinas zu sprechen, die er in seiner Heimatstadt Shanghai Jinshan miterlebte. Jedoch weist er auch einige Kommentare anderer Internetnutzer als bloße Spekulation zurück, und erinnert seine Leser daran, dass es wichtig ist, nach der ganzen Wahrheit zu suchen, und nicht nur nach einer Wahrheit, die man selbst gerne sähe.

Dies ist nur ein Beispiel davon, wie Han Hans Blog als Plattform für Bürgerjournalisten dient, und Nachrichten ein Forum bietet, über die die staatlichen Medien gar nicht oder nur eingeschränkt berichten können. Manche der Einträge in seinem Blog werden sofort gelöscht, um zu vermeiden, dass sich Informationen und Ideen verbreiten, die der offiziellen Linie widersprechen. Sein Blog hat ihn zu einer von Chinas einflussreichsten Onlinepersönlichkeiten gemacht, und ihm eine Leserschaft von über 300 Millionen eingebracht.

Meinung des Autors

Han Hans Blog dient als Beispiel dafür, wie einzelne Bürgers unter schwierigen Umständen offene und diverse Medien schaffen können. Mit Blogs, Mikroblogs und anderen Kommunikationsmitteln können Einzelpersonen Informationen und Ideen verbreiten, die sonst entweder gar nicht oder nur verzerrt über offizielle Medien an die Öffentlichkeit gelangen. Obwohl hinter dem Blog nur eine einzige Person steht, hilft er, Aufmerksamkeit zu erregen und erlaubt dem Leser, besser informiert Entscheidungen zu treffen. In den letzten Jahren haben Blogs und Mikroblogs auf Weibo es jungen Chinesen zunehmend ermöglicht, sich mit sozialen Fragen und dem Zeitgeschehen auseinanderzusetzen. Sie beschleunigten darüber hinaus den Umlauf von Nachrichten und Informationen für ein riesiges Publikum.

- Judith Bruhn

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Das Projekt „Debatte zur Meinungsfreiheit“ ist ein Forschungsprojekt des Dahrendorf Programme for the Study of Freedom am St Antony's College an der Universität von Oxford.

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