Der Fall Naguib Sawiris

Naguib Sawiris wurde der Respektlosigkeit bezichtigt, nachdem er ein Bild von Mickey und Minnie Maus, die jeweils mit buschigem Bart und Schleier versehen waren, auf Twitter ins Netz stellte. Jacob Amis erläutert den Fall.

Der Fall

Im Juni 2011 twitterte Naguib Sawiris ein Bild von Mickey und Minnie Maus. Mickey war darauf mit einem buschigen Bart und Minnie mit einem Schleier versehen. Das Bild trug den Untertitel „Mickey und Minnie nach…”. Der ägyptische Tycoon, Gründer und Geldgeber der säkularen Partei der Freien Ägypter fand sich bereits kurze Zeit später im Zentrum eines Sturms der öffentlichen Entrüstung wieder. Innerhalb weniger Tage hatte eine Facebook-Seite, die zum Boykott Sawiris Zeitungs- und Telekommunikationsunternehmens aufrief, bereits mehrere zehntausend Unterstützer. Sawiris entschuldigte sich (auch dies über Twitter): „Ich entschuldige mich bei allen, die dies nicht als Witz verstanden haben. Ich dachte einfach, es sei ein lustiges Bild! Tut mir leid.”

Sawiris wurde der Respektlosigkeit gegenüber der Religion nach Artikel 98(f) des ägyptischen Strafgesetzbuchs beschuldigt, nach dem jede/r die/der „die Religion benutzt um extremistische Ideologien durch Wort oder Tat zu verbreiten mit dem Ziel, Aufruhr zu säen, die göttliche Religion zu verunglimpfen oder zu verachten oder die nationale Einigkeit zu gefährden” bestraft wird. Die Höchststrafe beträgt fünf Jahre Haft.

Zwei Gruppen von Anwälten zogen daraufhin vor Gericht. Eine wurde von Mamdouh Ismail angeführt, einem Parlamentsmitglied aus der salafistischen Partei Hizb an-Nour. Sawiris Anwalt beschrieb die Vorwürfe als Angriff auf koptische Christen, die Ägyptens größte religiöse Minderheit darstellen und zu denen auch Sawiris zählt.

Bis März 2012 wurden mehrere Klagen von unterschiedlichen Gerichten abgelehnt, doch das Gesetz auf dem sie basieren, besteht weiterhin uneingeschränkt. Mamdouh Ismail hat erklärt, dass er beabsichtigt, Berufung einzulegen.

Meinung des Autors

Gesetze, die Beleidigungen der Religion kriminalisieren, sind von Natur aus sehr vage und öffnen der Willkür Tür und Tor, besonders dann, wenn sie von Hosni Mubarak erfunden wurden. Die Abgeordneten des neuen Parlaments sollten daran arbeiten, solche Gesetze abzuschaffen, anstatt sie dazu zu benutzen, um Mitbürger zu verfolgen.

Sawiris unkluger Tweet hat wahrscheinlich viele Ägypter verletzt. Vielleicht sollte man die Parlamentswahlen des Landes, in denen Sawiris Partei unterging, als würdigen Ausdruck dieses Missfallens betrachten.

Selbst wenn ein Land mit ethnische Spannungen lebt, sollte jeder Mensch die Freiheit haben, seine Meinung zu äußern, auch wenn dadurch riskiert wird, dass andere sich verletzt fühlen. Vielleicht muss man erst lernen, mit nervigen und unsensiblen Witzen umzugehen, bevor man wirklich gelernt hat, miteinander zu leben. Im neuen Ägypten ohne Mubarak sollte auf jeden Fall die Kriminalisierung von Beleidigungen absolut überflüssig sein.

- Jacob Amis

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Kommentare (1)

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  1. muslim and christian one hand in egypt

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