Ein Recht auf Privatsphäre? Aber nicht zu Lasten der Meinungsfreiheit!

Unser Leser imos.org.uk fechtet eines unserer Prinzipien an, indem er hinterfragt, ob die Privatsphäre eine Voraussetzung für die Meinungsfreiheit ist.

Die Idee von einem Recht auf Privatsphäre kling richtig gut. So etwas würde ich durchaus unterstützen, wenn es nicht gleichzeitig die Meinungsfreiheit gefährden würde. Aber was können wir tun, wenn diese Prinzipien miteinander in Konflikt treten? Wenn ich jemandem ein Geheimnis erzähle, kann ich denjenigen dann dazu zwingen, es niemals weiterzusagen? Das hört sich für mich doch sehr nach einer Einschränkung der Meinungsfreiheit an.

Der Versuch, das Recht auf Privatsphäre geltend zu machen, kann also schnell in eine Einschränkung der Meinungsfreiheit umschlagen, obwohl diese viel wichtiger ist als die Wahrung der Privatsphäre. Es sollte hier nicht darum gehen, das „Recht auf Privatsphäre“ gegen das „öffentliche Interesse“ „aufzuwiegen“, denn es ist nicht im Interesse der Öffentlichkeit, die Meinungsfreiheit ohne guten Grund einzuschränken. Der Versuch beispielsweise, einer Person durch Wahrung der Privatsphäre Demütigungen zu ersparen, ist kein guter Grund. Wollen wir uns etwa wirklich ernsthaft dafür einsetzen, dass Menschen gezwungen werden, über gewisse Dinge nicht zu sprechen, um die Demütigung eines anderen zu vermeiden? Oft fühlt sich der Betroffene doch nur gedemütigt, weil er falsch und hinterlistig gehandelt und anderen ein verzerrtes Bild von sich selbst vermittelt hat. Sollten wir die Meinungsfreiheit etwa einschränken, um Lügner davor zu schützen, entlarvt zu werden?

Des Weiteren möchte ich das im ersten Absatz formulierte zentrale Argument infrage stellen, Privatsphäre sei eine Voraussetzung für die Meinungsfreiheit. Im Endeffekt gilt dieses Argument nur in einem Polizeistaat – und dort gäbe es sowieso keine Meinungsfreiheit. Es stimmt zwar, dass sich die meisten Menschen auch außerhalb eines Polizeistaates weniger frei äußern, wenn sie denken, dass ihre Gespräche nicht privat sind. Dabei handelt es sich dann aber um ihre eigene Entscheidung, denn niemand zwingt sie dazu, zu schweigen und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wird ihnen dadurch nicht genommen. Vielmehr entscheiden sie sich aus freien Stücken, ihre Ansichten nicht zu teilen – normalerweise, weil es nicht in ihrem Interesse ist, bestimmten Personen ihre wahren Gedanken zu offenbaren.

Es gibt natürlich auch berechtigte Wege, unser Recht auf Privatsphäre zu schützen. Diese sollten jedoch dazu dienen, die aufdringlichsten Versuche, Informationen über uns auszukundschaften, abzuwehren, anstatt die Meinungsfreiheit derer einzuschränken, die auf legitime Weise Informationen beschafft haben und sie nun verbreiten möchten. Bei der Einschränkung der Meinungsfreiheit zum Schutz der Privatsphäre handelt es sich dagegen um eine ganz andere Problemstellung.

Wir sollten unsere Prinzipien zur Meinungsfreiheit unter keinen Umständen gefährden. Wenn sich jemand um den Schutz seiner Privatsphäre sorgt, dann sollten wir seinen Forderungen, die Meinungsfreiheit einzuschränken, nicht nachgeben. Stattdessen sollten wir zu unseren Prinzipien stehen und unsere Argumente verteidigen, wonach wir das Recht auf Privatsphäre zwar schätzen, uns die Meinungsfreiheit aber viel wichtiger ist.

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    Knocking about the boundary between privacy and free speech is important. To detect others‘ privacy reveals the power of privacy, but not basic right.

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Das Projekt „Debatte zur Meinungsfreiheit“ ist ein Forschungsprojekt des Dahrendorf Programme for the Study of Freedom am St Antony's College an der Universität von Oxford.

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