Brasilien nimmt es mit Google auf

Der Google-Chef in Brasilien wurde verhaftet weil sich das Unternehmen weigerte, Videos von YouTube zu entfernen, die Vorwürfe gegen einen brasilianischen Politiker erhoben hatten. Felipe Correa erläutert den Fall.

Der Fall

Am 26. September 2012 wurde Fabio Jose Silva Coelho – Google-Chef in Brasilien – von der Polizei in São Paulo verhaftet, nachdem sich Google geweigert hatte, Videos vom Internetportal YouTube zu nehmen, in denen Alcides Bernal – einem Kandidaten der progressiven Partei für die Bürgermeisterwahlen in Mato Grosso do Sul – angegriffen wurde. Die Videos zeigen Dokumente eines Gerichtsverfahrens, in welchem der Kandidat beschuldigt wird, eine Abtreibung ermöglicht, betrunken eine Minderjährige belästigt und sich auf rechtswidrigem Weg finanziell bereichert zu haben.

Der Fall kam ins Rollen als Bernal eine Klage beim örtlichen Tribunal Regional Electoral einreichte, um zu bewirken, dass Google, Facebook und Yahoo die bloßstellenden und verleumderischen Videos gegen ihn aus dem Internet entfernten. Das Gericht entschied, dass die besagten Videos gegen Artikel 326verstießen, welcher die Verletzung der Würde eines Kandidaten während des Wahlkampfes untersagt. Facebook and Yahoo entfernten daraufhin sofort die Links zu den Videos von ihren Seiten. Google jedoch legte Berufung gegen das Urteil ein.

Das Unternehmen weigerte sich, die Videos zu entfernen, und begründete dies damit, dass „die Inhalte keine negative Propaganda darstellten.” Einige Tage später warnte der Gerichtshof Google, dass wenn es sich weiterhin weigern würde, die Videos zu entfernen, der rechtlich verantwortbare Vertreter von Google verhaftet und YouTube gänzlich gesperrt werden würde. Dies ist die Strafe, die brasilianischen Medien droht, wenn sie sich weigern, Gerichtsurteilen folge zu leisten. Google entgegnete der Entscheidung mit einer Petition, die postulierte, dass die Drohungen des Gerichts illegal seien und verfassungsrechtliche Prinzipien verletze.

Als die Videos weiterhin im Internet aufrufbar waren, verordnete das Gericht, YouTube in Mato Grosso do Sul für 24 Stunden zu sperren und Googles Chef in Brasilien zu verhaften. Im Urteilsspruch argumentierte der Richter, dass Googles Verhalten, „mutwillig, ungerechtfertigt, verwerflich und schändlich” sei. Der Richter ließ außerdem verlauten, dass Google keine gesetzgebende Macht habe, darüber zu entscheiden, ob die Videos beleidigend seien oder darüber, ob es einem Gerichtsurteil folge zu leisten habe oder nicht.

Coelho wurde jedoch noch am gleichen Tag wieder freigelassen nachdem er zusagte, vor den Justizbehörden zu erscheinen. In Reaktion auf die Verhaftung forderte Google eine gerichtliche Verfügung mit der Begründung, dass das Gericht die verfassungsrechtlichen Prinzipien der freien Rede verletzt hätte. Trotzdem entfernte das Unternehmen schließlich die Videos aus dem Internet. In einer Stellungnahme auf Googles offiziellem Blog ließ Coelho verlauten: „Wir sind zutiefst enttäuscht, dass uns nie die Möglichkeit gegeben wurde, dem Gericht darzulegen, dass diese Videos ein Teil unserer Redefreiheit darstellen und deswegen in Brasilien aufrufbar bleiben sollten. Wir werden trotz allem unsere Kampagne zur globalen Meinungsfreiheit weiterverfolgen.”

Meinung des Autors

Dies ist nicht das erste mal, dass Google in Konflikt mit brasilianischem Recht geraten ist. Googles Transparenzbericht legt dar, dass „die brasilianische Regierung im internationalen Vergleich besonders häufig verlangt, dass Inhalte aus dem Internet entfernt werden, und dies nicht zuletzt wegen der Popularität der Social Networking Site orkut.”

Der Bericht zeigt, dass sich zwischen Juli und Dezember 2011 249 von 554 solcher Lösch-Aufrufe auf Verleumdungen berufen hatten.

Die Macher der Videos geben an, nur öffentlich zugängliche Gerichtsdokumente über den Kandidaten gezeigt zu haben. Die Authentizität dieser Dokumente wurde zu keinem Zeitpunkt infrage gestellt obwohl dies die für Legitimität dieser Videos entscheidend ist.

Brasilianische Gesetze bietet Internetservicebetreibern wenig Schutz bezüglich der Inhalte, die von dritten Parteien ins Internet gestellt werden. Solch ein Schutz gegen die Verantwortlichkeiten für Drittpersonen ist jedoch zwingen notwendig. Google hatte die Videos lediglich gezeigt, nicht aber produziert. Trotzdem musste Google – nicht aber die Macher der Videos – sich vor Gericht verantworten.

- Felipe Correa

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Kommentare (1)

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  1. O Google derrubou a liminar dada pela Justiça de São Paulo que proibiu a exibição de Inocência dos Muçulmanos http://veja.abril.com.br/blog/radar-on-line/internet/proibido-em-2012-video-que-satiriza-isla-autorizado-a-ser-exibido-no-you-tube-brasileiro/

  2. Dein Kommentar wartet auf Freischaltung.

    Google needs to obey what Brazilian governments asks them. In some particular situations, Google shouldn’t be eager to show everything to publicly. In this circumstances, government might be thought that this video would harm the something so it would be removed from google and other social sites. Facebook and yahoo obeyed to remove this video, but google refuses to some reasons which it is against the freedom of speech. This is google policy of course but I believe that is doesn’t necessary to show this kind of video as a freedom of media or something else.

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